Eröffnung Georg Grimm-Eifert: Maskenbilder 2. 02. 06 in der Kreisverwaltung Neuwied Dr. Franz von Stockert Zur Person: G. E. kommt vom
Handwerk her: Töpferei (vgl. die fließende, irrisierende Farb- struktur
sowie Ton, Erde als Farbtröger); dann graphische Kunst (vgl.
gravieren, straffieren, kritzeln daher die oft zackige, dornige,
knorrige Strich) schließlich die Malerei, sie stand vielleicht nie so
im Vordergrund wie heute in dieser Ausstellung.
Ihr Anlass ist kein runder
Geburtstag, aber G. E. legt Wert auf einige symbolträchtige
Jahreszahlen. Einerseits befindet er selber sich im 77. Lebensjahr -
ein Schnapsjahr ist das, wie ich höre ( Skatspieler wissen das
vielleicht besser); zum andern hob vor hundert Jahren die Moderne in
der Malerei mit Picassos berühmten Demoiselles d' Avignon an
(genauer: 1907).
Wir blicken auf diese Moderne
bereits zurück, überhaupt blicken wir, Kunstfreunde wie auch die
Künstler selber, heute mehr zurück als erwartungsvoll auf die
Avantgarde. Dabei fällt der Blick auf Vorgänger und Vorbilder, in
unserem Fall etwa auch Alfred Kubin, Max Ernst, u. a. besonders auch
auf James Ensor (von dem Flamen, gest. 90jährig im Jahr 1949, ist
derzeit eine große Schau in der Frankfurter Schirn zu sehen)... An
Kubin erinnert vor allem der Zeichner G.E. - und als Zeichner versteht
sich G. E., gelegentlich mehr denn als Maler; eine kleine aber
treffliche Auswahl Zeichnungen finden wir auch hier; der Maler G. E.
erinnert eher an J. Ensor, besonders in dieser Ausstellung, schon wegen
des Themas Masken, das für Ensor fast ein Lebensthema ist. Auch G. E.
hat sich schon länger mit Masken geschäftigt, z.B. in einem
Lichtbildervortrag im Kreismuseum über die Masken als Fassadenschmuck
an
Neuwieder Häusen. Er legt Wert auf die Feststellung, dass Maske aus dem
Arabischen kommt und ,Posse' bedeutet, also auf Rollenspiel (Theater),
närrisches Treiben, Faxen, verweist, uns wohlbekannt und zeitgemäß als
Fastnachtstreiben, wo Masken ja eine prominente Rolle spielen.
Es fehlt nicht an einschlägigen
Darstellungen von Leuten im Fastnachtskostüm und Clownsmütze -
trinkend, zuprostend, in Gruppen. Allerdings sInd es nicht die
homogenen Gruppen im gleichen Fastnachtshabit, wie im rheinischen
Karneval, sondern es handelt sich um Individuen, oft auch mit Tieren
vergesellschaftet, wenn man will Tiermasken. Auch fühlen wir uns nicht
in eine Fastnachtssitzung versetzt mit ihrer Rangordnung (Kommité,
Büttenredner, Publikum) - es fehlen Prunk, Glamour und (weitgehend)
sexappeal. Oft ist nicht einmal klar, wes Geschlechts die Typen sind.
Typen kann man sie wohl nennen, wenn auch die klassischen Figuren der Typenkommödie fehlen und die davon abgeleiteten Corsar, Zigeunerin, Mohr, Indianer, Matrose. Dafür gibt es ,die Energische' oder den 'Nicht mehr jungen Mann' Es sind ziemlich eigenartige und eigenwillige Charaktere - ein anderes älteres Wort für Masken, Rollen. Charakter, diesen Wert hat man
einst (in der Sturm- und Drangästhetik) gegen die klassische Schönheit
gesetzt und deshalb die Niederländer mit ihrer Porträtkunnst und
Genremalerei gegen die Vorliebe der Italiener für ideale Götter und
Heldengestalten (biblischen und mythologischen) ausgespielt.
Mit den Niederländern in diesem Sinn sind wir wieder bei der Tradition des Flamen Ensor. Für Ensor wie für G. E. ist charakteristisch das Vermeiden und Verneinen der eleganten Lösung (in welcher Form das Ideal - Typische ja durchaus auch in die Moderne seit Picasso Eingang gefunden hat, ich nenne nur Matisse). Nun kennen wir den Gegensatz ja auch von der Fastnacht: in den tollen Tagen mischen sich unter die eleganten, erotisch attraktiven Wunschmasken allerlei Hexen, missgestalte Pappnasen und Schwellköppe. Und vollends der abrupte Übergang zu Aschermittwoch entblößt die Rosenmontags-Prinzen und Prinzessinnen des schönen Scheins. Es sei auch noch einmal an Picassos Ikone der Moderne erinnert, Demoiselles d' Avignon, die heftig deformierten Vertreterinnen des schönen Geschlechts. Man könnte den Übergang auch
nennen: die Rückkehr zu unseren Alltagsrollen und -masken,
einschließlich unserer Charakterneurosen, familieren Blessuren und
professionellen Deformationen. Symptomatisch dafür sind (bei.G.
E.) u. a. die Riesen-Hüte, Kronen und andere größenwahnsinnige
Kopfbedeckungen (Pharao, Hoher Priester, Bischof).
Der Spaß ist zwar zu Ende, aber
das Maskenspiel, die ,Posse', die mensachliche Komödie bleibt. Um sie
darzustellen, hat man immer schon, wie im Märchen, Tiere als
Charaktermasken gebraucht.
Hier sind es eher Fabelwesen
und Mischwesen, wie der auf Stierbeinen stehende Waran aus dem
Naturkundemuseum, welche das Menschenwesen zugleich verhüllen und
offenbaren (eben wie Masken).
Und man braucht einen Blick für das Quid pro quo, das Groteske, Unzulängliche, eben - Humor, einen manchmal etwas schwermütigen oder -blütigen aber menschenfreundlichen Humor. Das Bild Der Maler zeigt einen schmunzelnden Mann. Die spitze Feder, der scharfe Griffel scheinen das einzig richtige Darstelungsmittel für diesen Humor ,vgl. G. E.'s Neigung zum Zeichnen und übrigens auch zum Geschichten-Schreiben, aber es ist nicht der schneidende Strich des Karrikaturisten (auch nicht die elegante Linie) bei G. E., keine scharf gezogene Kontur, sondern der umschreibende, auch wohl flächen- deckende Kritzelstrich. Hat vielleicht auch mit seiner
Wahlverwandschaft mit barocker Zierkunst und Arabeske zu tun. Anders
die Malerei - und sie herrscht hier ja vor - da folgt der Pinselstrich
erst recht keiner Kontur (wohl auch keiner Vorzeichnung), sondern
verbindet die Figuren mit ihrem Milieu; Körper und Raum zeigen die
gleiche Farbigkeit - meist ein changierenden Farbenspiel wie Herbstlaub
in gedeckten, bodenständigen, trüben Farben. Für das farbige Milieu der
Figuren könnte man auch Aura sagen, keine strahlende, eher
athmosphärische Störungen,,dicke Luft' oder sogar eine
Unterwasser-Envirement (bei der Nixe ist es thematisch, kommt
aber auch sonst vor). Oder ist es das dumpfe Milieu, das auf die
Personden übergreift, sie gar grün aussehen lässt(Das erinnert manchmal
an E. Munch).Jedenfalls eine genuin malereische Lösung, die Figuren aus
ihrem Umfeld und Hintergrund hervorschimmern zu lassen und die sogar
ästhetisches Wohlgefallen hervorbringen kann.
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