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Rezension
 
 
                         Regenbogen-Welt

Magic Collection Band 25 Fantasy 
352 Pb - Euro 14,90 
ISBN 3-89840-855-8 Best.-Nr. 2125 
Nach dem Mythos der Navajo-Indianer und anderer Stämme.
Mit Illustrationen von Barbara Emek
Erscheinungsdatum: 2005 im Blitz Verlag

Saha, die Gottesanbeterin macht sich zusammen mit ihren Freunden auf den Weg durch die fünf Ebenen der Regenbogen-Welt, die sich über die verwaiste Erde wölbt. Während ihrer spannenden Abenteuer wandelt sich nicht nur Sahas Körper. Auch die Welten um sie herum. Ebenso auch ihre Freunde. Immer wieder treffen sie auf neue Weggenossen und Relikte aus den verschiedenen Kulturen der untergegangenen Welt.
Sind Saha und ihre Freunde die Auserwählten der Zweiten Rasse? Werden sie aus der Regenbogen-Welt hinab auf die Erde steigen?
Regenbogen-Welt
Fantasy-Roman
Leseprobe
"Wenn der Mond am Himmel verloschen ist und die Sonne zur Mittagszeit nur noch matt kirschrot leuchtet, alle Meere zugefroren und die Eiskappen von beiden Polen her bis zum Äquator vorgeschoben sind ... wenn alle Städte schon längst ausgestorben und zu Staub zerfallen sind und alles Leben dieser Erde kurz vor der völligen Ausrottung angelangt ist - dann wird auf einem kümmerlichen Rest einer Flechte, die sich auf einem kahlen Felsen neben dem ewigen Schnee von Panama gehalten hat, ein kleines Insekt sitzen, das sich in dem bißchen Glut der abgenutzten Sonne seine Fühler putzt: ein einsamer "Käfer", der letzte überlebende Vertreter tierischen Lebens auf unserer Erde."
Dr. W. J. HOLLAND

DAS INSEKTENVOLK

Saha war eine Schönheit. Ihr schillernder grüner Chitinkörper mit den langen graziösen Gliedmaßen zog, wo immer sie auftauchte, die Blicke der anderen auf sich. Wie kleine Propeller drehten sich ihre zarten Fühler im Kreis. Immer aufmerksam auf der Suche nach ungewöhnlichen Geräuschen oder Bewegungen. Trillernd und sich wendend tasteten sie ihre Umgebung ab. Sie waren die Richtantennen, auf die sich Saha verließ. Sie informierten sie über Geschmack, Geruch, Temperatur und Feuchtigkeit. Über die Welt, in der sie lebte.

Saha war eine Gottesanbeterin wie sie im Buche stand.

Ihr Freund Ishtar konnte seine bewundernden Blicke kaum von ihr wenden. Er stand völlig im Bann ihrer dichtbewimperten Augen, die sie kokett auf- und abschlug, wenn sie ihn ansah. Saha wußte ihren Willen durchzusetzen. Dabei baute sie gezielt auf die Macht ihrer weiblichen Reize und davon hatte sie mehr als genug. Sie besaß jene Schönheit, die an Arroganz grenzte ohne daß diese wirklich ihrem Naturell entsprach.

Saha lebte, wie viele der vier bis fünf Millionen Arten des Insektenvolkes, in einer Welt voller Farben. Doch sie nahm nicht die gleiche Skala wie die anderen Lebewesen dieser Welt wahr. Sie unterschied sich von ihnen. Ihr Sehvermögen war besonders ausgeprägt. Es war eines ihrer stärksten Sinnesorgane. Und die Sinne spielten in ihrem Leben ohnehin eine große Rolle. Wenngleich sie sich auf verrückte Art äußerten. So saßen Sahas Geschmacksorgane nicht im Mund, sondern an den Füßen der Vorderbeine. So lustig es auch war: Sie konnte ihre Nahrung schmecken, indem sie darauf herumlief. Aber auch ihr Tastsinn war hochentwickelt. Der übertrug alle Umweltreize auf sie. Und das wiederum löste eine Bannbreite von Gefühlen in ihr aus.

Und ein Großteil dieser Gefühle galt Ishtar.

Als sie ihn das erste Mal erblickte wußte sie: Sie wollte ihn! Nur ihn!

Sein blau-silbrig schimmernder Libellenkörper flog sirrend an ihr vorbei und sie wußte, daß die Königslibelle der Partner fürs Leben für sie war. Seine durchsichtigen, filigranen Gazeflügel schlugen so schnell, daß nur Sahas scharfe Augen die Bewegung wahrzunehmen vermochten.

Ishtar war sowohl Galan, als auch raubgieriger Jäger der Luft. Gleitend und schwebend mit der Luft verbunden war er zu ausdauernden Flügen fähig. Dabei erreichte er mühelos bis zu hundert Stundenkilometer.

Und dadurch hatte er noch einen besonderen Vorteil in dem Kampf um Sahas Gunst: Nur Ishtar vermochte es über den Wolken zu schweben. Nur er vermochte es, einen flüchtigen Blick in die Welt über ihnen zu werfen. Was er darüber zu erzählen wußte, wobei er mit männlichem Stolz übertrieb und ausschmückte, ließ Sahas Augen leuchten und das wiederum machte ihn glücklich. Denn Sahas Glück hatte für ihn Vorrang. So folgte er nur zu gern ihren Aufforderungen, mehr über die zweite Welt zu erzählen.

Saha wurde nicht müde ihm zuzuhören. Längst war ihr die eigene Welt viel zu klein geworden. Der Wunsch die weiteren drei über ihnen liegenden Ebenen zu durchwandern und letztendlich in die fünfte der Regenbogen-Welt, vorzustoßen wurde von Monat zu Monat stärker. Mit schwärmerischem Tonfall erzählte sie ihren Freunden von den fünf Welten, die sich vereint zu einem Regenbogen über das Universum spannten. In der untersten hatte das Insektenvolk seine Heimat gefunden, lebte dort friedlich und zufrieden vor sich hin. Nur in Saha wollte sich diese Zufriedenheit einfach nicht einstellen. In ihren zarten Venen floß Abenteuerblut. In ihr war etwas, daß ihr sagte, daß sie zu Höherem berufen war...