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Ilona R.Mayer

Abgeschaltet - Roman


AbgeschaltetKontrast-Verlag
1. Ausgabe Oktober 2004
ISBN 3-935286-47-3
Preis: 9,90 EUR
www.kontrast-verlag.de

Inhalt:
Angelika, genannt Geli, arbeitet in einem VW-Werk in Ostdeutschland, Michael, ihr Mann, ist Sänger an der Semperoper. Als Geli ihn überraschend zu einer Premiere besucht, entdeckt sie eine jüngere Kollegin an seiner Seite. Michael kann sie beschwichtigen, doch als sie Michael kurze Zeit später beim Gruppensex erwischt, muss er ausziehen. Geli gerät zwischen ihre bisexuelle Freundin Carmen, einen Cellisten, Michaels Bruder Eberhard und ertränkt ihren Kummer schließlich im Alkohol. Beim Chatten im Internet lernt sie Stefan kennen. Sie erzählen sich aus ihrem Leben und von ihren gescheiterten Beziehungen. Dadurch kommen in Geli wieder Erinnerungen an ihre Kindheit, die Jugend und das Leben in der ehemaligen DDR hoch. Damit einhergehend reflektiert sie auch, was sich nach der Wende für die Bürger der DDR geändert hat - für sie hauptsächlich, dass die Geborgenheit verloren ging.

Ein Beziehungs- und Alltagsdrama um Trennung und Neuanfang in Ostdeutschland

Auszug:
Von der Garage bis zum unserem Wohnblock brauche ich zwei Minuten, heute ist es kälter als an den letzten Tagen, es wird Herbst. Michael's Jacke hängt im Flur, ich vermisse die stürmische Begrüßung von früher. Manchmal nach drei Tagen Trennung fielen wir übereinander her, hörten nicht auf uns zu küssen bis kein Kleidungsstück uns mehr trennte. Ich kann mich nicht erinnern, wann Michael zum letzten Mal verlegen mit einem Strauß Blumen hinter seinem Rücken vor mir stand. Obwohl wir weniger streiten habe ich nicht das Gefühl, dass wir besser harmonieren. Beim Auskleiden im Flur sehe ich ein abgespanntes Gesicht im Spiegel. Meine Haare sind im Sommer heller geworden. Michael liebt lange blonde Haare und schlanke Frauen. Mein letzter Friseurbesuch im Frühjahr, war ein Reinfall, inzwischen sind sie gewachsen und die rote Tönung verschwunden. Warum empfinde ich die fünf Kilogramm, die ich in den letzten beiden Jahren zugenommen habe, heute so furchtbar?

Ich muss etwas ändern, eine Diät, neue Klamotten und vielleicht eine Dauerwelle? Der Fernseher beschallt das Wohnzimmer, ich möchte Michael umarmen, tue es dann doch nicht:

"Guten Abend Michael, du bist ja schon da?"

"Soll ich wieder gehen?"

"Was ist denn los?"

"Was los ist fragst du? Dann schau doch bitte mal auf die Uhr!"

Er hat Recht, es ist spät geworden. Ich erzähle Michael vom Streik und dann von seinem Bruder. Er rastet aus:

"Ach, hinter meinem Rücken!"

"Quatsch, es hat sich ergeben, und außerdem er ist dein Bruder, verdammt noch mal, kannst du ihm denn nicht endlich verzeihen?"

Während ich versuche Eberhard zu verteidigen rollen dicke Tränen über mein Gesicht, dann bin ich still, will nur noch duschen und den Tag abspülen, der mir nicht viel Gutes gebracht hat. Michael kommt ins Bad, legt das Handtuch um meine Schulter und bittet mich zu verzeihen. Dann küsst er mich, lang und zärtlich. Zwei Tränen sind unterwegs, dann spüre ich nur noch seine zärtlichen Hände, die mich ins Schlafzimmer tragen.

Der Kaffeeduft kommt bis an mein Bett geflogen, Michael streicht mir die Haare aus dem Gesicht und küsst mich auf die Wange:

"Kommst du frühstücken?"

Seine braunen Augen lachen mich an, schnell hüpfe ich aus dem Bett, nachdem ich die Zähne geputzt und die Katzenwäsche hinter mir habe, sitze ich mit Leggins und Pulli am Tisch. Michael serviert uns Spiegelei. Ich habe nicht bemerkt, dass er beim Bäcker frische Brötchen geholt hat. Ich liebe warme Brötchen, und höre trotzdem nach dem zweiten auf. Michael´s Haare sind wieder etwas länger, er spricht vom Friseur, ich argumentiere dagegen. Seine Arme sind brauner als meine, und das offene hellgrüne Hemd zeigt dunkle Haare auf seiner Brust. Diese goldene Kette, die ich ihm zum zehnten Hochzeitstag geschenkt habe, trägt er täglich. Manchmal glaube ich, dass Michael den Schmuck mehr liebt als ich. An mir ist, außer dem Ehering, kein silbernes oder goldenes Teil zu finden. Im Schrank liegen drei Paar Ohrstecker, mehrere Ketten, und Fingerringe, auch eine Uhr, in Form eines Armreifens, Michaels Weihnachtsgeschenk. Ich trage die Uhr in der Oper oder auch mal wenn wir Essen gehen, meist vergesse ich sie jedoch.

Die Abendkleider, die mir Michael zu meinen Geburtstagen schenkte ziehe ich selten an, und wenn dann ihm zu liebe. Michael ist immer perfekt gekleidet, er trägt oft einen Schlips, fast ausschließlich Hemden und nie eine Jeans. Sein Gewicht hat sich etwas verändert, auf alten Fotos sieht er dürr aus gegen heute. Er ist nicht zu dick, den kleinen Bauch kann er noch verstecken, besser als ich meine breiten Hüften und die kräftigen Beine. An Bikini ist nicht mehr zu denken, obwohl ich den schon früher nicht gern trug.

Nach dem sehr ausgiebigem Frühstück gesteht mir Michael, dass er morgen zurück nach Dresden muss. Erst will ich protestieren, mich aufregen, was ich innerlich auch tue, dann versuche ich doch ruhig zu bleiben, erkläre ihm, dass ich die Eltern besuchen wollte. Als er mich bittet zu diesem Fußballspiel mitzukommen und am Abend mit ihm Tanzen zu gehen, stelle ich meinen Plan um. Ich kann ihm nicht mehr böse sein, als seine Augen mich flehend anschauen und seine Lippen die meinen suchen.

Früher hätte ich das so nicht hinbekommen, seine Reisen haben mich oft aus der Rolle fallen lassen, hysterisch warf ich Gegenstände durch die Wohnung, manchmal schrie ich ihn auch an. Aber das Schlimmste war, diese Eifersucht, die Angst, dass er mich nicht mehr liebt.

Zufrieden mit mir selbst, dass ich mich viel besser im Griff habe als früher, lasse ich ihn am Sonntag morgen nach dem Frühstück fahren. Am Fenster winke ich ihm noch, als er in seinen Mercedes einsteigt, er liebt schnelle und große Autos.


  Autorin Ilona R. Mayer
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