Rezension Tunnelfahrten
Dr. Franz K. von Stockert:
Geestverlag-Verlag,
ISBN 3-934852-22-X
Preis 16.80 DM
Zwei Leute, Georg und Marlies Grimm-Eifert, verheiratet, ein
veritables
Ehepaar haben da ein gemeinsames Buch geschrieben - oder erzählt.
Man kann sich vorstellen, wie sie sich die Geschichten gegenseitig
erzählt
haben - oder hat doch jedes erst mal hinter dem Rücken des anderen
seine / ihre Phantasie zu Papier gebracht ? Von
den Tücken des weißen Papiers, überhaupt vom Schreiben
handelt mehr als eine Geschichte; auch vom Erzählen und was wen -
jung oder weniger jung - heute noch interessiert. Manchmal wird die
Reaktion
des erwarteten oder wirklichen Zuhörers / Lesers einbezogen: Das
sagt,
schreibt, tut
heute niemand mehr.. - oder:"Du machst dich völlig unmöglich"
( aus: 'Was das Weiß mir angetan hat'). Natürlich
möchte
der Erzähler das Gegenteil beweisen und - es gelingt ihm. Aber man
kann sich gut vorstellen, wie so ein eingespieltes Paar, beide
ausübende
Künstler und mit einschlägig pädagogischem Vorleben, -
wie
sie sich nichts schenken, aber gegenseitig anregen und auch ein
Schnippchen
schlagen, zumal wenn er oder sie aus ihrem gemeinsamen Leben plaudert
oder
ein Liedchen davon singt ( es gibt auch Gedichte wie 'Die
Amsel').
Die meisten Geschichten sind aber erzählerische Alleingänge -
heraus aus dem gemeinsamen Alltag. So erzählt sie (in 'Kassandra')
von einer Einkehr „beim Griechen" , wo ihr schließlich die alten
Götter erscheinen. Und er spielt in der
Polit-Farce'Hülfershausen'
einen tüteligen Papierabfallbeseitiger, der sich zum
Revolutionär
mausert.
So schlüpfen sie in andere Personen und Rollen, wechseln dabei
ihr Lebensalter und auch mal das Geschlecht, ändern ihre
örtliche
und zeitliche Umgebung, landen gar in der Zukunft. 'Heute gähnte
die
Leere' ist eine computer-animierte Sciencefiction. Dabei bleiben
genug Persönlichkeitsmerkmale in Sprache und Phantasie erhalten,
um
die beiden Erzähler zu unterscheiden. Das gehört zu dem Reiz
des Buches. Bei ihm macht sich z.B. immer wieder die norddeutsche
Herkunft
bemerkbar und wird im 'Dönkes' Erzählen produktiv; bei ihr
sind
es vor allem die Erfahrungen als Frau, von denen sie nicht
klischeehaft,
sondern in gut beobachteten Szenen und Satieren zum Rollenverhalten
erzählt.
Seine Handschrift ist übrigens nicht nur an den Texten sondern
auch an den Zeichnungen zu studieren, mit denen der Band
geschmückt
ist. Diese feinen bis zackigen Liniengespinste, aus denen knorrige
Pflanzen
und Figuren, menschliche, tierische, phantastische hervorwachsen,
- so sehr sie sein persönlicher Stil und künstlerischer
Beitrag
sind, so sehr zeigen sie auch, was alle Beiträge dieses
unterhaltsamen
Bandes verbindet: eine gute Prise Humor.
zurück: Inhalt
Rezensionen
vergleiche auch die
Besprechung in der Rhein-Zeitung
am 10.11.00
|