AnDie Z.; Schriftsteller
Henry-Martin Klemt,Frankfurt(Oder) Nach wechselnden Jobs
als Dreher, Schlosser, Schweißer und Leihzeitarbeiter widmet sich
der 53jähriger Hocher seit etwa einem Jahrzehnt der Literatur. Mittlerweile
hat er 9 Bücher veröffentlicht. Nun legt er uns seinen autobiographischer
Roman „Tot-Gelebt“ auf den Büchertisch. Ich gebe zu, Hocher war mir
bisher unbekannt, aber schon der Klappentext weckt mein Interesse: „Seine
drastische Erzählsprache erinnert an den amerikanischen Autor Charles
Bukowski.“ Nun, so „drastisch“ fand ich sie gar nicht, zudem fehlt es dem
Text doch an der Selbstironie des amerikanischen Kultautors. Allerdings
ist es auch nicht einfach, gerade für einen deutschen Autoren, mit
Bukowski verglichen zu werden, zu schnell haftet der Verdacht des Plagiats.
Und sicher war nicht Hocher selbst, der ihm diesen Stempel verpasste. „Drastisch“
hingegen ist die Story, die Hocher zu erzählen weiß. In dem
weitgehend authentischen Roman bricht der Autor aus seiner kaputten Ehe
aus und begibt sich auf eine halbjährige Weltreise, die via Thailand,
wo er seinen „Sexhunger“ stillt, bis in die Vereinigten Staaten führt,
um dort in den geplanten Selbstmord zu enden. Ständiger Begleiter
ist der Alkohol oder anderweitige Rauschmittel. Freilich, die Schilderung
seiner Erlebnisse im Fernen Osten mag schon ein wenig an Bukowski erinnern,
und hier ist seine Schreibe auch flüssig und sehr unterhaltend, die
Wiedergabe seiner Eindrücke im amerikanischen Westen macht dann aber
doch eher den Eindruck eines Reiseberichts. Spannend und interessant wird
es immer dann, wenn Hocher seinem Ziel, dem Selbstmord, nahe kommt. So
etwas kann wohl nur jemand schreiben, der real vor einem solchen Entschluss
gestanden hat. Einem ersten Selbstmordversuch (er will sich einen Berg
hinabstürzen) kann der Ich-Erzähler gerade noch widerstehen und
bei seinem weiteren Trip scheint es auch wieder bergauf zu gehen. Er findet
neue Freunde, mit dem weiblichen Geschlecht klappt es diesmal auch ohne
Bezahlung. Der Mann könnte also zufrieden sein, und zumindest macht
er auch auf den Leser diesen Eindruck. Warum er sich gerade in diesem Moment,
seinem Leben nun endgültig ein Ende zu setzten, bleibt ein wenig schleierhaft
(Handelte er nach dem Motto „Wenn es am schönsten ist, sollte man
gehen“?.). Zwar versucht Hocher am Ende des Buches noch eine Erklärung
für seine Suizidgedanken zu geben, der zeitliche Moment seines Handelns
wird jedoch nicht so recht plausibel. Jedenfalls setzt er nun seine Absicht
in die Tat um. Mit einem Gewehr will er sich ins Jenseits befördern,
überlebt jedoch schwer verletzt (Anmerkung: Wie sonst hätte auch
dieses Buch schreiben können?!) und auf seinem „langen Weg der Rehabililtation“
findet er allmählich zu seinem Sinn des Lebens zurück, eine Art
Rückkehr aus dem Reich der Toten. Gerade dieser Abschnitt ist besonders
eindrucksvoll geschildert. Hocher hat einen Vergleich mit Bukowski gar
nicht nötig, zu intensiv und eindringlich ist er, wenn es um seine
Empfindungen und Auseinandersetzungen mit dem Thema Tod geht. „Ein ehrliches
Buch, das jeder nachempfinden kann, der sich einmal mit sich und seinem
Leben auseinandergesetzt hat“ steht am Ende des Klappentextes, dem ist
eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Ach so: eine wichtige Information
ergab sich auch noch aus dem Buch: „Siebzig Prozent aller Schriftsteller,
ich also mittenmang, sollen laut einer Statistik alkoholkrank sein“. Na
denn man prost, Kollegen!
|