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Rose im Schnee

Rainer J. Hocher

Autoren- Feder – Verlag


Rainer J. Hocher: Journalisten bezeichnen ihn als Bukowski nuovo. Aber Hocher grenzt sich ab, will nicht in jeder Hinsicht mit dem ‚Durty old Man‘ verglichen werden. So saugt er den Teppich in seiner eigenen Wohnung, “Damit es doch etwas wohnlicher werde”. Wie immer bei Abgrenzugen ist auch diese nur die halbe Wahrheit. Auf dem Cover, gestaltet von Michael Blümel, ist eine Rose zu sehen, ein Damenschuh und ein Mann, der raucht. Eine Ähnlichkeit mit dem Autor ist nicht zu übersehen. Die Begegnung mit der Damenwelt steht also ebenso wie bei Charles Bukowski im Vordergrund; von Liebe, dem sogenannten ‚Fünfbuchstabenwort‘, ist die Rede und vom Mond oder dem 'Maiweg'. Romantische Bilder, Metaphern tauchen auf: blitzartig. Aber in der Regel folgt die Illusionsbrechung auf dem Fuß. So, wenn eine Besucherin ihre beiden Kinder mitbringt, die dann alles tun, was in ihren Kräften steht, um eine ‚Stimmung‘ nicht aufkommen zu lassen.


Nein, es ist nicht Hochers Art, eine ‚wortblasse heile Welt‘ abzubilden. Ausdrücklich wendet er sich gegen eine solche Vorgehensweise. So folgt er häufig Heinrich Heines Spuren, baut eine Atmosphäre auf, um sie am Ende wieder zu zerstören. Am gelungensten scheint mir dies in ‚Omas Blaumeise'. Die Blaumeise hatte den schreibenden Schüler bei seinen Lesungen vor Oma im Altenheim begleitet. Er freut sich heute noch, sie zu sehen. Aber da ist der Kater, der in der Meise lediglich geeignetes Futter sieht ...


Bei Gedichten erwartet man einen eigenen Rhythmus. Hier ist der tänzelnde Rhythmus der üblichen Liebeslyrik erwartungsgemäß vergleichsweise selten. Der der Prosa angenäherte Sprachduktus ist der Intention der Texte angepasst.

Es geht um eine schonungslose Sicht der Wirklichkeit, auch der persönlichen Erfahrungen. Nichts wird beschönigt, entschuldigt. So, wenn der Autor von den ‚Rüpeljahren‘ erzählt, von ersten Sexerfahrungen, aber auch davon, dass der Schüler Rainer vom Mauerbau spricht, statt wie vorgeschrieben, vom antifaschistischen Schutzwall. Dass Rainer J. Hocher sich auch als Erwachsener, u.a. als Schreibender und als Montagearbeiter nicht an gängige Verhaltensmuster angepasst, lässt sich denken. Man erfährt vom Auf und Ab im Lebensprozess. Tiefpunkte werden also nicht ausgespart. An fortgeschrittener Stelle im Buch tauchen Motive aus ‚Tot gelebt‘ auf, Cuba - und Kalifornienerinnerungen, Todeserfahrungen, depressive Verstimmungen.


Alles in allem:

Es liegt ein erstaunliches Buch vor uns

-wegen der Ausstattung mit kongenialen Zeichnungen Michael Blümels

-wegen der radikalen Sicht auf persönliche Lebensverhältnisse

-insbesondere aber wegen der eigenwilligen bildhaften unkonventionellen Sprache. .


Da gibt es Situationen, wo man “lieber die Fliege mit Dosenmilch füttert, als unter Menschen zu gehen“. Aber gelegentlich – nicht allzu selten wie mir scheint- "schiebt sich eine prächtige Morgensonne langsam in den Tag ..."