Fantasy mit Phantasie

Rezension zu Alisha Bionda & Michael Borlik (Hrsg.): Wellensang

Die Fantasy-Literatur krankt oft ausgerechnet an etwas, das sie sich schon in ihrem Namen auf die Fahnen geschrieben hat und daher im Gegenteil doppelt und dreifach beherzigen sollte: die Phantasie. Viel zu oft sind die Arbeiten dieses Genres lediglich Abklatsch einiger genrebildender (Über-)Werke wie Der Herr der Ringe oder Excalibur. Einige wenige immergleiche Sujets wie lange (und langweilige) Schwertkämpfe oder das ewige Sinnen auf Rache füllen in den einschlägigen Ecken der Buchhandlungen nicht nur einige dicke Wälzer sondern ganze Regalreihen.

Eine wohltuende Ausnahme haben jetzt Alisha Bionda und Michael Borlik mit ihrer Geschichten-Sammlung Wellensang vorgelegt. Diese Buch erfüllt eben nicht die gängigen Klischees. Vor allem wartet es – endlich – mit dem für dieses Genre Wichtigsten auf: der Phantasie. So gibt es in Wellensang unter anderem kleine glühwürmchenähnliche Wesen, die für das Gedeihen einer mobilen Kräuterzucht verantwortlich sind, eine beseelte Galionsfigur, die ein Schiff, die „Wellensang“, auf Kurs hält oder einen alten Mann, der in einem Bergwerksstollen überaus Sonderbares erlebt. Sogar die Zahnfee, die alle Kinder kennen, hat ihren skurrilen Auftritt. Und selbst wer nun gar nicht von den ewigen Schwertern und Rachefeldzügen lassen kann, wird in Wellensang fündig.

Dem Herausgeber-Duo ist es dabei gelungen, einige Autoren an sich zu binden, die in der Szene durchaus keine Unbekannten sind. Da ist zuallererst die Österreicherin Barbara Büchner zu nennen, die bereits eine Vielzahl von Veröffentlichungen vorweisen kann. Aber auch die Das Schwarze Auge-Autorinnen Christel Scheja und Linda Budinger sind vertreten, genauso wie Eddie M. Angerhuber, Frank W. Haubold, Barbara Jung, Armin Rößler und Arthur Gordon Wolf, die allesamt ein Begriff für Fantasy-Fans sein dürften. Nicht unbekannt sind auch die Herausgeber Alisha Bionda und Michael Borlik selbst, die sowohl als Autoren (zum Beispiel im Ueberreuter-Verlag) als auch als Herausgeber-Duo anderer Werke (Die Schattenchronik – der ewig dunkle Traum, erschienen im BLITZ-Verlag) von sich reden gemacht haben.

Abgerundet wird das 250 Seiten starke Buch durch die herrlich sinistren Illustrationen von Patrick Hachfeld und einen Infotainment-Teil, der sich einer ausführlichen Fantasy-Definition widmet.

Fazit: Die Wellensang-Autoren sind moderne Märchenerzähler und erfüllen damit genau die Funktion, die die Leser von guter Fantasy-Literatur erwarten dürfen.


Hrsg: Alisha Bionda & Michael Borlik: Wellensang. TB. Schreiblust-Verlag Andreas Schröter 2004, 253 Seiten, illustriert, 9,90 Euro, ISBN: 3-9808278-2-8, Bestellungen über www.schreib-lust.de