Admiral und Vizekönig
Nur sehr langsam kehrte
eine Art von Bewusstsein zu mir zurück. Tiefes Dunkel umgab mich, ich
fühlte mich zerschunden und wund. Jeder meiner Muskeln war erschöpft
und schmerzte bis an die Grenzen des eben noch Wahrnehmbaren. Die Zunge klebte
mir dick geschwollen am Gaumen, der Geschmack von Tang und Salz widerte mich
an und hätte mich würgen gemacht, wäre ich nicht selbst dazu
zu erschöpft. Auch ließ sich meiner Kehle nicht der leiseste Ton
entringen.
Das erste, was ich
halbwegs wahrnahm, war das gleichmäßige, sanfte Schwappen der
Wellen, die neben mir im Sand ausliefen. Überlebt. Allem Anschein nach
hatte ich tatsächlich überlebt.
Von dem gewaltigen
Orkan, der mein Schiff dem Ozean und die Mannschaft den Haien zum Fraße
vorgeworfen hatte, war auch nicht der leiseste Hauch mehr zu spüren.
Lau war sie, die Nachtluft, traumhaft warm und der Himmel sternklar. Mein
Blick suchte das Firmament ab, ich gab mir alle Mühe, die Sternbilder
zu sortieren. Ich hatte also recht behalten, wir waren tatsächlich nicht
von der Welt gestürzt. Ganz deutlich konnte ich am Himmel die große
Figur des Pegasus ausmachen und gleich daran anschließend Andromeda.
Und dort ja, das Sternbild der Fische, das des Wassermanns und Kassiopeia.
Ja, ich hatte es geschafft. Und ich lebte.
Mit letzter Kraft
bewerkstelligte ich es, auf allen Vieren den Strand hinauf zu kriechen, bis
ich nur mehr trockenen Grund unter mir spürte. Dort schlief ich ein,
ich schlief tief und traumlos, bis mich die frühe Morgensonne weckte,
die bereits eine erstaunliche Wärme verbreitete. Immerhin war ja bereits
Mitte Oktober oder doch beinahe.
Für die
Umstände fühlte ich mich frisch und einigermaßen erholt.
Ich blinzelte in die Sonne. Vizekönig. Seit dem heutigen Tag oder besser:
seit dem Augenblick, da mich die Wellen hier an den Strand gespült hatten,
war ich Vizekönig dieses Eilands und jeder zehnte Teil aller daraus
erwachsenden Einnahmen kämen mir zu. Ein zufriedenes Lächeln lag
auf meinem Gesicht, als ich diese Überlegungen anstellte. Und
plötzlich hatte ich es eilig, die unter meine Verwaltung gestellte Besitzung
in Augenschein zu nehmen. Wie gerne hätte ich die Flagge meines Landes
gepflanzt und gehisst, aber ich führte ja nichts mit mir, nichts außer
dem, was ich am Leibe trug.
Ich ließ meinen
Blick schweifen und atmete tief die warme Morgenluft. Vor meinem Auge dehnte
sich ein breiter Sandstrand, von einem strahlenden Weiß, wie ich dies
nie zuvor an einer Küste gesehen hatte. Zur Landseite begrenzt durch
einen dichten Saum von hochgewachsenen Palmen, erhob sich sanft, aber stetig
eine mäßig begrünte Hügellandschaft. Voller Spannung
machte ich mich auf den Weg ins Innere meiner Insel.
Bezaubert von ihrer
Schönheit, nahm meine Begeisterung mit jedem Schritt zu. Wieder und
wieder ließ mich das grandiose Konzert fremdartiger Vogellaute, das
mich begleitete, lauschend innehalten. Und als ich schließlich die
Wasserfälle erreichte und meinen Durst an dem köstlich kühlen
Nass gründlich stillte, schien mir mein Glück vorläufig perfekt.
Ich duschte ausgiebig, erfrischte mich, planschte und spritzte in dem flachen
Becken, in dem sich das Quellwasser sammelte, herum. Ich konnte kaum genug
bekommen. Erst der nagende Hunger, den ich auf einmal verspürte, ließ
mich mein ausgiebiges Bad beenden. Ich würde Früchte finden
müssen oder auf die Jagd
gehen.
Ich richtete mich
auf meiner Insel ein, so gut es nur irgend ging. Schon bald hatte ich erkennen
müssen, dass mein Eiland wohl allem Anschein nach unbewohnt war, was
mich traurig stimmte. Zudem war natürlich kein Fortkommen und so konnte
ich auch meine Besitzung nicht amtlich zur Anerkennung bringen. Dies beunruhigte
mich nun wirklich und brachte mich schier zur Verzweiflung. Wie gern hätte
ich meiner Königin dieses Paradies zu Füßen gelegt.
Vorläufig aber galt es ja, hier zu überleben.
Ich konstruierte ein
Haus aus Holz und Palmblättern, das mir Schutz bieten sollte, besonders
während der zu erwartenden Sommerregenzeit. Das Jagen hatte ich mittlerweile
so einigermaßen erlernt, wenn es auch nicht allzu viel Wild gab, dem
ich nachstellen konnte. Es lebte hier eine Art kleiner Nager von der
Größe eines Hasen, die auch ganz ähnlich schmeckten, jede
Menge Insekten, Spinnen und Echsen gab es und eben die farbenprächtigen
Vögel. Zudem hatte es Früchte und mit etwas Glück stand auch
schon einmal Fisch auf meinem Speiseplan. Zwar gab es ja Meeresgetier in
Fülle, aber da ich nicht schwimmen konnte, war mir das Fischen vom
Floß aus stets ein wenig unheimlich. Ich kam also ganz gut zurecht,
aber ich litt doch sehr unter der Einsamkeit. Außerdem schien die Insel,
was etwaige Bodenschätze anging, nun wirklich eine Niete zu sein. Und,
was mir eben am allermeisten zu schaffen machte, mich wirklich regelrecht
zur Verzweiflung trieb, war, dass ich mit meiner Entdeckung alleine bleiben
musste, sie nicht der Welt verkünden konnte. Es gab den Seeweg nach
Indien, so wie ich ihn vorausgesagt hatte! Und ich musste einen Weg finden,
mich der Welt mitzuteilen.
Dann kam mir endlich
die Lösung in den Sinn: Aus dem Rücken meines weißen Oberhemdes
trennte ich ein ordentliches Quadrat heraus, das ich anschließend sorgsam
auf einen hölzernen Rahmen spannte, den ich extra zu diesem Zweck
angefertigt hatte. Mein Plan war, daraus eine detaillierte Seekarte anzufertigen,
das Kartographieren hatte ich ja immerhin gelernt und die nötigen Mittel,
was Federn und sonstige Zeichenutensilien anging, würden sich leicht
finden. Das Ganze sollte in der Hülle einer ausgetrockneten, wasserdicht
verschlossenen Kokosnuss seinen sicheren Platz finden. Anschließend
bliebe mir nichts anderes, als die kostbare Fracht der See anzuvertrauen.
Sie sollte mein Bote sein und mit Gottes Hilfe strandete die Nuss an einem
der belebten Strände dieser Welt. Dabei an mein Heimatland zu denken
so kühn wollte ich nun dennoch nicht sein aber es fiel
mir einfach kein anderes Mittel ein, mich bemerkbar zu machen.
Entschlossen begann
ich, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Tag für Tag brachte ich etliche
Stunden damit zu, eine möglichst genaue Karte herzustellen, die meine
Position und den Seeweg hierher so exakt wie möglich widerspiegelte.
Das alles war nicht ganz einfach mit den mir zur Verfügung stehenden
Mitteln, aber immerhin hatte ich Zeit, wenn mich auch nichts so sehr
drängte, als meinen Erfolg bekannt zu geben. Auch eine kurze Nachricht,
meine Person und Herkunft betreffend, sollte die Nuss enthalten. Und dann
sollte noch ein kleinerer Plan, allein meine Insel angehend, gezeichnet werden.
Hierzu wollte ich ein Stück des Ärmelstoffs meines Hemdes verwenden.
Allerdings wurde mir dabei klar, dass weitere gründliche Begehungen
notwendig waren, um verlässliche Maße angeben zu
können.
Ich schritt kräftig
aus, notierte innerlich aufs Peinlichste jede kleine Erhebung, jede Strecke.
Gleich würde ich den Wasserfall erreichen, das wusste ich. Dort wollte
ich mir eine Pause gönnen und dann meinen Erkundungsgang bis ans andere
Ende der Insel fortsetzen. Möglichst exakt in gerader Linie wollte ich
die Insel queren, um anschließend ihren genauen Durchmesser zu notieren.
Plötzlich stockte ich. Vom Wasserfall drang hell der Klang vergnügten
Gelächters zu mir. Unfähig, mich zu rühren, stand ich ganz
still, der Schrecken war mir tief in die Knochen gefahren. So sehr ich unter
der Einsamkeit auch gelitten hatte, so wenig wusste ich, ob ich erfreut sein
sollte, über die vermeintliche Gesellschaft. Wo kamen die überhaupt
her?! Bis zum heutigen Tag war mir hier noch keine Menschenseele begegnet.
Langsam näherte ich mich und spähte durch die Zweige eines
Gebüschs. Drei junge Mädchen badeten da in meinem Bassin. Ihre
Haut war von auffallend dunkler Tönung und alle drei hatten schwarzes
glattes Haar, dem ein bläulicher Schimmer innewohnte. Geradezu bezaubernd
fand ich die mandelförmigen Augen der Mädchen, die dunklen Edelsteinen
glichen. Die Mädchen verständigten sich in einer Sprache, die ich
nicht verstand, aber ihr ganzes Gehabe war von vergnügtem Gelächter
und Gealbere begleitet. Nun, so dachte ich, diese Eigenart mochte
wohl Frauen, sobald sie unter ihresgleichen sind, auf der ganzen Welt
anhaften!
Ich zog mich ein wenig
zurück. Was sollte ich jetzt tun? Wie am besten vorgehen? Zuerst einmal
musste ich in Erfahrung bringen, wo die drei herkamen. So blieb mir
vorläufig nichts anderes, als sie zu beobachten. Schließlich konnten
sie ja nicht ewig dort herumplanschen. Und, wenn ich ganz ehrlich zu mir
war, war mir diese selbstauferlegte Pflicht nicht nur unangenehm, denn diese
drei Indianerinnen so nannte ich sie für mich kamen mir
vor wie wunderschöne, seltene dunkle Perlen. Vor allem die eine, sie
mochte wohl die älteste der drei sein, fand ich ganz besonders reizend
in ihrer lebendigen Art sich zu bewegen, zu gestikulieren, zu sprechen und
zu lachen.
Ich musste nicht allzu
lange warten. Von der gegenüberliegenden Seite des Wasserbeckens her
tauchten plötzlich vier kräftige junge Männer auf. Auch sie
dunkelhäutig und völlig nackt, mit dem gleichen schwarzen Haar,
das lang über ihre Schultern fiel. Es schien sich wohl um ein recht
armes Volk zu handeln, dachte ich enttäuscht, wenn auch und das
ließ mein Herz um einen Schlag schneller werden zwei der
Männer Goldstücke in den Nasen trugen, die sie wohl allem Anschein
nach zu diesem Zweck durchlöchert hatten. Vermutlich waren sie zu
Jagdzwecken unterwegs gewesen, denn alle vier trugen sie einige Prachtexemplare
jener hier heimischen Nager. Laut riefen sie die badenden Mädchen in
ihrer Sprache an, was jene veranlasste völlig schamlos!
das Wasserbecken zu verlassen und den jungen Burschen zu
folgen.
All das hatte ich
mit offenem Mund staunend beobachtet. Als die kleine Gruppe sich entfernte,
folgte ich ihr in sicherem Abstand.
Die Wilden vor mir
hatten bald die Küste erreicht. Dort bestiegen sie zwei schmale aus
Baumstämmen gefertigte Boote, die sie mit flinken Paddelbewegungen von
der Stelle bewegten.
Ich blieb mit starrem
Blick am Ufer meiner Insel zurück. Es musste also in der Nähe noch
weiteres Land geben. Das indische Festland zeichnete sich goldglitzernd vor
meinem inneren Auge ab. Tempel und Paläste mit Dächern von purem
Gold, Lasten von Pfeffer, Nelken, Zimt, Ingwer, Muskatnüsse
...
Ganz in Gedanken versunken
trottete ich zurück zu meinem Domizil. Es lebten also Menschen hier,
zugegeben Wilde, recht ärmliche noch dazu. Dieser Schluss drängte
sich mir ihrer Nacktheit wegen auf, allerdings die Goldstücke
in den Nasen der Männer ließen doch vermuten, dass da irgendwo
auch Gold zu finden sein musste!
Mit meinen Berechnungen
war ich für diesen Tag nicht sehr weit gekommen, jedoch vermerkte ich
auf meiner Notiz voller Stolz die Worte Gold und Wilde.
Vor meinem inneren
Auge tauchte das Antlitz jenes schönen Mädchens auf, wobei mich
ein ganz warmes, flaues Empfinden
beschlich.
Es verging eine Reihe
von Tagen, die ich ganz und gar meiner Inselkarte widmete, und ich kam gut
voran mit meiner Arbeit. Schließlich und endlich kam ich damit zu Ende.
Ein letztes Mal nahm ich mir die Notiz vor, unterzeichnete sie zuletzt mit
einem schwungvollen C. C., Vizekönig von San Salvador, so hatte ich
die Insel benannt.
Nun beförderte
ich die kostbare Nachricht vorsichtig durch eines der drei Keimporenlöcher
der vorbereiteten Kokosnuss. Jetzt kam das Wichtigste: Die Öffnung musste
verstopft und wasserdicht gemacht werden. Zusätzlich fettete ich die
Nuss rundum gründlich und dick ein, um sie vor Schaden zu
bewahren.
Es kam einer feierlichen
Zeremonie gleich, als ich die Kokosnuss dem Ozean übergab. Mit ihr sandte
ich all meine Hoffnung in die Welt hinaus. Und mochte auch einer der Portugiesen
die Nuss finden! Wenn ich nur auf irgend eine Weise nach Spanien
zurückkehren könnte
...
Die dringlichste Arbeit
hatte ich somit erledigt, jetzt galt es in der Hauptsache, mich in meinem
kleinen Königreich zu erhalten, es zu kultivieren und - selbst wenn
ich hier ganz alleine lebte, so wollte ich doch unseren christlichen Glauben
manifestieren. Ich errichtete eine kleine Gebetsstätte, die ich
täglich für einen Augenblick der Besinnung
aufsuchte.
Die Tage zogen ins
Land, auch dachte ich häufig an jene Wilden, bis ich eines Tages ganz
unverhofft eine Begegnung mit ihnen hatte. Ich weiß bis heute nicht
genau, wie es dazu kam, in jedem Falle stand ich plötzlich in ihrer
Mitte. Die Wilden schienen über meine Anwesenheit mindestens genauso
erschrocken wie ich über ihr unvermitteltes Auftauchen. Zumal
ich sie an Größe tatsächlich um einiges überragte. Auch
war mein Bart, rot wie mein Haupthaar, mittlerweile doch um ein ganz
beträchtliches Stück gewachsen, so dass ich auf sie bestimmt einen
ziemlich unheimlichen, wenn nicht gar furchteinflößenden Eindruck
gemacht haben muss.
Eine Weile standen
wir in betretenem Schweigen, dann trat einer der Männer vor, gestikulierte
mit bedachtsamen Bewegungen, senkte kurz sein Haupt die Grußformel
wähnte mir damals wie eine Verneigung, eine Ehrerbietung ihrem weißen
Herrn gegenüber und dies schien mir von absoluter Richtigkeit, denn
schließlich, so stand für mich ja ohne Zweifel fest, war ich ihr
Vizekönig. Jetzt hob der Indianer den Kopf und blickte mir fest in die
Augen. In seinem Blick war unweigerlich ein Ausdruck von Stolz. Ich
überlegte kurz, ob ich der Meinung sein sollte, dem läge ein
unbotmäßiges Verhalten zugrunde, entschied dann aber, für
dieses Mal darüber hinweg zu sehen und stellte mich nun meinerseits
vor: Cristóbal Colón, Admiral und Vizekönig der
Insel San Salvador.
Erst nach und nach
sollte ich lernen, dass es sich bei dieser Art des Umgangs vielmehr um eine
durchweg übliche Geste handelte, Respekt und die Achtung vor dem Lebendigen
zum Ausdruck zu bringen. Wie überhaupt die Indianer der Erde, als ihrer
Mutter sowie allem Natürlichen mit größter Hochachtung
begegneten. Kurz, sie betrachteten sich als Teil des Ganzen, gleichwertig,
nicht als Beherrscher der Schöpfung. Diese Einstellung war mir sehr
fremd und ich hatte einige Mühe, damit zurechtzukommen. Wieder und wieder
ertappte ich mich, mir die Natur und ihre Geschöpfe untertan machen
zu wollen.
Nun, in jedem Falle
wurde ich an jenem denkwürdigen Tag unserer ersten Begegnung von den
Indianern freundlich willkommen geheißen und in ihrer Mitte aufgenommen.
Einigermaßen mühsam bedeuteten sie mir, sie zu begleiten. Das
einzige Wort, das mir immer wieder in den Ohren klang, lautete
Guanahani. Damit konnte ich zwar nichts anfangen, verstand es
aber als Aufforderung, ihnen zu folgen. Dieses verbale Missverständnis
löste noch lange unter den Indianern herzliches Gelächter aus,
sobald die Sprache darauf kam.
Ich jedenfalls kam
der vermeintlichen Einladung ohne lange zu zögern nach. Zwar war ich
vollkommen unbewaffnet, jedoch erschienen mir diese Wilden, wie ich sie zu
jenem Zeitpunkt noch immer nannte, weitestgehend ungefährlich und so
reihte ich mich auf dem Weg zu ihren Booten ein, um kurze Zeit später
gemeinsam mit den Indianern einen solchen Einbaum zu besteigen. Ich hatte
sehr befürchtet, dass es sich um eine recht wackelige Angelegenheit
handeln musste, in einem dieser schmalen Boote zu fahren, durfte aber zu
meiner Erleichterung bald schon feststellen, dass die Eingeborenen ihre
Gefährte mit großem Geschick und wenig Schaukelei um die Insel
herumlenkten.
Während dieser
ersten Fahrt zu Wasser merkte ich schnell, dass San Salvador oder
Guanahani, so nämlich hießen meine Gefährten die Insel
größer war als ich vermutet hatte und dass die Indianer am abseitig
gelegenen Ende derselben ihre Wohnstatt hatten.
Auch hatte ich mich
nicht getäuscht, in meiner Annahme, dass da noch weiteres Land in
erreichbarer Entfernung zu entdecken war, allerdings handelte es sich dabei
um - ungezählte - weitere kleine Eilande, die meinem oder besser:
unserem in ihrer Beschaffenheit sehr ähnelten. Bis zum endgültigen
Festland wäre noch ein reichliches Stück zurückzulegen,
klärte man mich auf.
Nach anfänglichen
Schwierigkeiten, die, wie ich mit großem Bedauern zugeben muss, ich
hauptsächlich in meiner eigenen Person zu suchen hatte, fand ich doch
bald in die Gemeinschaft und passte mich der indianischen Lebensweise nach
und nach ganz gut und auch gerne an. Je besser ich lernte, meine Freunde
zu verstehen, um so mehr fand ich Gefallen an deren Art und
Lebensweise.
Begünstigend
kam natürlich hinzu, dass Lucaya, die Älteste von drei Schwestern
jene, die ich beim Bade beobachtet hatte - sich meinen Annäherungen
zum Glück nicht entzog. Ich war unsterblich in sie
verliebt!
Ich war voller Stolz,
Lucaya gebar mir drei kräftige gesunde Kinder - zwei Jungen, von denen
einer sehr zur Belustigung des gesamten Stammes, mein rotes Haar geerbt hat
und ein Mädchen. Zwar dachte ich manchen Tags selbstredend an
meine Söhne zu Hause, sie mochten mittlerweile vielleicht schon erfahrene
Seemänner geworden sein, wer konnte das wissen? Aber schließlich
war ich nicht in der Lage, irgend etwas daran zu tun.
Ich lebte sehr zufrieden
hier auf Guanahani, nein mehr als das, glücklich. Und ich erlernte vielerlei
Dinge: bin mittlerweile ein recht guter Schwimmer geworden, beherrsche das
Fischen, auch was die Jagd betrifft, verbesserte ich meine Kenntnisse um
Wesentliches. Die Indianer lehrten mich allerhand Fingerfertigkeiten und
auf mein Wissen die Pflanzen- und Tierkunde betreffend, meine ich beinahe
ein wenig stolz sein zu dürfen.
Ich wünschte,
wollte um jeden Preis, dass dies alles so bliebe. Inzwischen wäre mir
kein Gedanke ferner gewesen, als der, Lucaya, den Stamm oder sogar die Insel
zu verlassen. Ich betete zu Gott, jeden Abend betete ich zu Gott, der die
Welt vor Schaden bewahrte, die verfluchte Kokosnuss möge untergehen,
auf dem Grund des Meeres versinken, von einem Haifisch verschlungen werden.
Aber dann, ja dann kam doch alles ganz anders.
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