Was das Weiß mir angetan hat

Ein heiterer Kafka


Georg Grmm-Eifert


Vor mir liegt ein weißes Blatt Papier und sieht mich giftig an: Was , du willst auf mir schreiben, mich ganz mit deinem Gekrakel bedecken? Nachher überfliegst du mich, das ehemals so schön weiße Blatt und magst nicht mehr lesen, was du geschrieben. Und eine dankbare Erinnerung an deinen Lehrer sollte es werden? Nun hör mal, das ist überhaupt nicht in. Früher gab es Bücher, die lobende Bemerkungen über Lehrer sammelten, aber heute? Du machst dich völlig unmöglich. Ich zankte mächtig mit der weißen Papierfläche herum, wurde darüber müde, schlief ein. Im Traum fuhr ich mit einem kleinen Elektroauto durch eine Galerie An weißen Wänden Bilder. Ich erinnere mich an eine Zeichnung, auf der ein Kritiker zu sehen war, der auf Rollschuhen durch eine Ausstellung eilte. Hastig setzte er spitze Bemerkungen auf einen Block. Tatsächlich, ich hatte einen Block in der Hand. Und einen Stift in der anderen. War ich nun Kritiker? Nein, ich konnte nämlich überhaupt nicht auf die Bilder achten, weil das Weiß der Wände mich furchtbar störte. Oh, da war eine Reinmachefrau , die mit Lappen und etwa Spülwasser unten die Tapetenleisten putzte. Sofort griff ich nach dem Lappen, tunkte ihn ins glücklicherweise schmutzige Wasser . So gewappnet, ging ich los auf das Weiß der Wände. Es klatschte kräftig, der Frau verschlug es den Atem. In diesem Augenblick krachte mein Fahrzeug in allen Fugen. Ein lauter Knacks. Ich schlug die Augen auf und sah mich liegend in einem kalkweiß angestrichen Raum. Völlig benommen stöhnte ich hörbar. Es kam eine Frau herein, ganz in weiß. Ich schloß die Augen wieder. Sie flötete mir süßsauer. Keine Sorge, sie sind entlassen. Außer einer übermäßigen Aversion gegen Weiß fehlt ihnen nichts.