Roude Hoar
Jutta Döpfer
Wäi ich domols efta bei meiner Großmudda woar, hods immer
gsacht:“ Madla,“ hods gsacht, „Sei ner frouh, dass du kanne roudn Hoar
hast !“
Wäis des widda amol zum mir gsacht hod, hobbis gfrogt, warum ich
do frouh sei sollt und do hods mir die Gschicht von ihrer Großmudda
derzillt: Die Großmudda von meiner Großmudda woar die Jingste
von siebm Kinda, drei Boum und vier Madla, oba vo ihre Gschwister hod kaans
roude Hoar ghabt, ner blouß sie.
„Wou hod ner blouß die Lina – su hod die Großmudda von
meiner Großmudda ghaaßn – däi roudn Hoar her ? Ich hob
schwarze Hoar und du host blonde Hoar.“
Su had ihr Vadder sei Frau gfrogt und hods dobei a wenig misstrauisch
ogschaut. Die hod kaa Antwort gwisst.
Und walls vo dahamm a wenig a Geld mit in die Eh’ bracht hod
und er ner blouß a arma Schlucker gwen is, hod er si nix mehr weida
song traua.
Wäi die Lina in die Scholl kumma is, homs die andern Boum und
Madla recht g’ärgert und trätzt und scho die klaanstn Kinda hom
ihr „Feierkupf, Feierkupf“ nochgschriea. Die Lina hod si nix draus gmacht
oda sie hod su dou, als däd sa si nix draus machn.
Wäis dann älder worn is und die andern Madla hom alle scho
an Breidigam ghabt oda worn goar scho verheirod, woar die Lina immer nu
allaans, wall ka Bou anne mit roude Hoar gmechd hod. Dobei woar sie a schöins
Madla, schlank und doch rund wous sei mouß.
Dann is im Dorf an Schousta sei Frau im Kindbett gschtorbm und er hod
a Mudda fier seine fimf Kinda gsoucht. Vo alle ledigna Fraua und aa vo
die Witwen hod er an Korb kröigt, do hod er schließli die Lina
gfrogt und sie hod ja gsacht. Sie hod si denkt, an andern Mo kröig
ich suwäisu ned und dann dou ich wenigstns a gouds Werk und die Kinder
hom a Mudda.
Sie woar dem Schousta a goude Frau und aa seine Kinder homs goud bei
ihr ghabt.
Fleißi is gwen und hod es Geld zammghaltn und neba ihra Haftn
Ärwat hods no Strimpf gstrickt fier andere Leit.
Wäis dann gmerkt hod, dass sie selber a Kind kröigt, hods
jedn Oomd a bsunders Gebet gsacht, domit des jo kanne roudn Hoar hom sollt.
Wärkli hod kaans vo ihre drei Kinder, däi wou si su noch
und noch eigstellt hom, roude Hour ghabt.
Oba die Leit im Dorf hom ihr ka Rouh ned glassn. Die Kinder hom immer
nu „Feierkupf, Feierkupf“ gschriea, wenn sis gsehng hom, und die Weiber
hom hinter ihrm Rückn tuschlt und af amol hod anne gsacht, wer waaß,
obs ned a Hex is.
Wenns Schouh zum Schouster bracht hom, is die aa oder ander zur Lina
in die Kichn und hod, nachdems zerscht a wenig rumdruckt ho, gfrogt, obs
ned wos wissat gega Kreizschmerzn oda es Reißn.
Schließli sin a junge Madla zu ihr kumma und homs gfrogt, wos
machn kenntn,
dass der Bou, den sie mechatn, s i e oschaut und ned die
ander. Oda anne hod gfogt, obs ned a Middala gebat, dass der Bou, der jede
Nacht zu ihr in die Kammer kummt, sie endli heirotn tät.
Die Lina hod vo ihra Mudda her a weng wos ieba Kreiter gwißt
und hod gholfn, su goud wäis halt kennt hod.
Die Leit worn oba blouß freindli zur Lina, wenn’s wos braucht
hom. Hods gholfn, homs kaum Dankschöi gsacht und wenn’s ned helfn
hod kenna, homs gschimpft.
Is jemand im Dorf wos ned nausganga , oda aans is recht krank worn,
oda es hod wou brennt, hods glei ghaaßn, dou is die Hex dro schuld
!
Sugoar zum Pfarrer sins gloffn und hom gsacht, er mouß wos dou
gega die Lina.
Statt dass der ihna die Kepf zammgstoßn hätt, hod er blouß
gmaant, sie sollen halt fest beten und Kerzen stiften, damit das Böse
nicht die Übermacht bekommt !
Die Leit hom etz af amol ihre Schouh löiba ins zwaa Stund entfernte
Dorf zum Richtn bracht und su is beim Schousta bald die Nout am Fensterbrettla
ghockt.
Da Schousta, der zerscht frouh gwesn is, dass die Lina ihn und seine
Kinder su goud versorgt, is immer garschtiger zu ihr worn, und wäi
die Kinder gröißer worn sin und aans nachm andern ausm
Haus ganga is, hod er’s sugoar gschlogn.
Schließli is er gschtorbm, mit finfasechzg Joahr a houchs Alder
fier die domolige Zeit, oba glei is es Grücht rumganga, die Lina hätt
ihm wos otou.
Die Leit hom ihr etz es Lebm immer schwerer gmacht. Die Kinder hom
ihr ned ner blouß „Feierkupf, Feierkupf“ nochgschriea, sondern ihr
aa no Dreeckbatzn nochgschmissn und Strimpf hod af amol aa kaans mehr braucht.
Sie hod gmaant, sie kennt als Dienstbot wou unterkumma, oba kanna hod
wos zum tou hom wolln mit ihr.
Su is ihr nix andersch iebrig bliem, sie hod ihr Bindala packt und
hod die zwaa Kinder, die no im Haus woarn, bei der Händ gnumma und
is fortganga. Wouhie, hod kaans gwißt. Dobei hätt mers scho
manchmol braung kenna, wenn aans Zohwäih ghabt hod oda a offns
Baa, und Strimpf hod aa kanne su schäi strickn kenna, wäi die
Lina.
„Däi woar ka Hex ned, ner blouß a arms Louda,“ hods etz
af amol ghaaßn.
Die Lina hod unterwegs ihre ganzn Hoar abgschnittn und hod immer a
Kupftäichla afghabt, dass kaans gsehng hod, dass dou roude Hoar nochwachsn.
Su hods bei an Bauern g’ärbert, bis aa die zwaa Klennstn selbständi
woarn. Dann hods gsacht, etz mog i nimmer, hod si hieglegt und is gschtorbm.
„Allmächt !“ hod die Leingfrau gsacht, „däi hod jo roude
Hoar ghabt!“
„Wouher waßt denn du des alles?“ hob ich mei Großmudda
gfrogt und sie hod gsacht, dass die Jingste von der Lina ihr Mudda gwen
is.
„Madla, sei ner frouh, dass du kanne roudn Hoar host!“
„Frouh soll ich sei ? Ich hätt gern roude Hoar und morng gäih
ich zum Frisör
Und lass mirs färbm. Und wenn aans kummt und sacht, ich wär
a Hex, dann hod des a Mordstrumm Warzn af der Nosn und däi gäiht
erscht weg, wenn ich des will!“
Do hods oba gschaut, mei Großmudda!
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